Novelle des Hessischen Vergabe- und Tariftreuegesetzes (HVTG)

Weniger Bürokratie, schnellere Verfahren und mehr Nachhaltigkeit

Mit einer Novelle des Hessischen Vergabe- und Tariftreuegesetzes (HVTG) sollen künftig öffentliche Aufträge in Hessen schneller und einfacher vergeben werden. Zugleich werden die Anwendung der bereits geltenden ökologischen und sozialen Standards bei öffentlichen Aufträgen verbessert und neue Nachweis- und Kontrollinstrumente in Bezug auf Mindestlohn und Tariftreue eingeführt. Das Vergabegesetz gilt für Aufträge der öffentlichen Hand mit einem Wert ab 10.000 Euro. Ein entsprechendes Gesetz kündigten die Regierungsfraktionen CDU und Bündnis 90/Die Grünen an. Gleichzeitig wird die Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) in Kraft gesetzt.
„Wir wollen, dass öffentliche Aufträge schneller vergeben werden können. Das kann gerade in der Zeit nach Corona einen wichtigen Beitrag zum Konjunkturaufschwung leisten. Deshalb vereinheitlichen wir die Verfahrensvorschriften und führen auch in Hessen für die Vergabe von Liefer- und Dienstleistungsaufträgen die Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) ein, die auch auf Bundesebene gilt“, sagt der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Heiko Kasseckert, der die Novelle für die CDU-Seite verhandelt hat. Das jetzige Gesetz, das seit 2015 gilt, wird mit dem Gesetzentwurf neu strukturiert, seine Anwendung für öffentliche Auftragnehmer und anbietende Unternehmen deutlich vereinfacht sowie in Bezug auf wichtige Rechtsgrundlagen, wie das Arbeitnehmer-Entsendegesetz und Tarifvertragsgesetz, aktualisiert. Regelungen, wie das Interessenbekundungsverfahren, fallen ersatzlos weg, die Vergabe von freiberuflichen Leistungen muss nicht mehr im förmlichen Vergabeverfahren vergeben werden, die Mindestanzahl der einzuholenden Angebote wird von fünf auf drei Angebote reduziert. Auch bei den Vergabeverfahren selbst gibt es wesentliche Neuerungen. So wird die Beschränkte Ausschreibung mit der öffentlichen Ausschreibung gleichgesetzt und mit der Anhebung der Schwellenwerte mehr Flexibilität und Spielraum für die Vergabestellen erreicht. Neu ist vor allem eine weitere Kategorie der Bauleistungen. Künftig werden Bauleistungen rund um den Wohnungsbau bis zu einer Million Euro durch eine Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb möglich, was die Wohnraumschaffung beschleunigen soll. Gleichzeitig wird die nachhaltige Beschaffung bei öffentlichen Aufträgen des Lan-des und der Kommunen in Hessen weiter gestärkt. Bei Vergaben des Landes Hessen sind grundsätzlich Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte zu berücksichtigen, wenn sie im Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehen. Den hessischen Kommunen ist die Anwendung dieser Regelungen weiterhin freigestellt. Einmalig in Deutschland ist die mit der Novellierung des Gesetzes neu vorgesehene enge Zusammenarbeit mit den Sozialkassen, um die Einhaltung der Tariftreue zu gewährleisten: „Künftig müssen Unternehmen eine Bescheinigung der Sozialkassen vorlegen, die nachweist, dass Tarifverträge eingehalten werden“, so Kasseckert. Für öffentliche Auftraggeber wie das Land, Städte und Gemeinden bedeutet das: Schwarze Schafe werden schon vor der Beauftragung aussortiert. Für öffentliche Auftraggeber, Unternehmen und deren Beschäftigte wird zudem ei-ne Beratungsstelle im Hessischen Sozialministerium eingerichtet. Die Stelle beantwortet Fragen zu den Anforderungen an die Arbeitsbedingungen, die ein beauftragtes Unternehmen gewähren muss. Auch bei einem Verdacht auf einen Verstoß hilft die Beratungsstelle. Neu sind zudem die Vergabekompetenzstellen in den Regierungspräsidien, bei der Landesstraßenbauverwaltung Hessen Mobil sowie der Oberfinanzdirektion, die an die Stelle der Nachprüfungsstellen treten. Hier werden künftig öffentliche Auftraggeber sowie Unternehmen, die an Ausschreibungen für Bauleistungen und Liefer- und Dienstleistungen teilnehmen, während des Vergabeverfahrens beraten und gegebenenfalls Vergabefehler überprüft. Bisher war dies nur bei der Vergabe von Bauleistungen möglich. „Wir sorgen dafür, dass die Vertragsparteien auf Augenhöhe arbeiten. Damit reduzieren wir Verstöße gegen das Vergaberecht und Tariftreuestandards“, so Kasseckert. „Mit dem Gesetz leisten wir einen Beitrag zur Entbürokratisierung, verschlanken das Vergabeverfahren und stärken zugleich die Rechte von Beschäftigten sowie die nachhaltige Beschaffung. Durch die Inkraftsetzung der UVgO sind Vergabeverfahren künftig sowohl digital wie analog möglich.“