Zuversicht schöpfen, aber Kurs halten

Kolumne Hanauer Anzeiger, 23. Dezember 2017

Die Natur macht es uns vor. Das Jahr neigt sich dem Ende, die Bäume haben ihre Blätter verloren, sie ruht sich aus und sammelt Kraft für das neue Jahr. Wir sollten es der Natur gleichtun. Rückblicken, bewerten, Kraft schöpfen. Das Jahr war anstrengend. Im Vergleich zum Vorjahr gab es das Gefühl, dass die aus den Fugen geratene Welt wieder mehr in die Balance gekommen zu sein scheint. Der Blick auf das Ergebnis der Bundestagswahl lehrt uns aber, dass die Menschen Unsicherheit, Sorgen und Enttäuschung spüren. Ein Signal, das die Politik ernst nehmen muss.

Auch wenn es so viele Wochen nach der Bundestagswahl noch keine Regierung gibt, muss uns das nicht resignieren lassen. Wichtig ist nur, dass eine neue Regierung die Zeichen der Wahl erkennt und nicht in der geübten Rhetorik die Geschäfte weiterführt. Gerade die Flüchtlingsfrage, der Salafismus und der internationale Terror haben sich bestenfalls beruhigt. Aber die Ursachen, die Gefahr und die Risiken sind keineswegs gebannt. Über 60 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht vor Kriegen, Militärherrschaften und Hunger. Sie suchen Schutz und klopfen an der Tür Europas. Die Bilder, die uns täglich aus aller Welt erreichen, machen uns gerade in der Weihnachtszeit betroffen. Aber sie zeigen auch, in welchem glücklichen Land wir leben - in Freiheit, in sozialer Verantwortung und wirtschaftlichem Wohlstand.

Die Lehre aus dem Ergebnis der Bundestagwahl ist aber auch, dass wir die Verantwortung für die eigene Bevölkerung nicht in den Hintergrund stellen dürfen. Wir können bei aller Verpflichtung zur Menschlichkeit das Elend der Welt nicht alleine lösen und haben schon mehr Flüchtlingen geholfen als alle anderen europäischen Länder zusammen. Wir müssen unsere undifferenzierte Migrationspolitik überdenken und klare Bedingungen definieren. Eine neue Regierung muss Zuwanderung begrenzen, den Familiennachzug weiter aussetzen und abgelehnte Asylbewerber abschieben. Nachlässigkeit bei diesen Themen nährt den Boden für Radikale. Aber das Gegenteil müssen wir erreichen. Im Sinne der Weihnachtsbotschaft, als der Engel sprach „Fürchtet euch nicht“, haben wir allen Anlass, zuversichtlich in das neue Jahr zu blicken. Viele Millionen Menschen würden gerne mit uns tauschen. Wir sollten Weihnachten innehalten, Kraft schöpfen und – so wie es uns die Natur vormacht – die Herausforderungen für 2018 annehmen. Es liegt auch an uns, daraus ein gutes Jahr zu machen. Gesegnete Weihnachten!