Tag der deutschen Einheit?

Kolumne Gelnhäuser Tageblatt, Oktober 2016

Zum 26. Mal haben wir den Tag der deutschen Einheit gefeiert. Erinnerung an das bedeutendste Ereignis unserer jüngeren Geschichte – die Wiedervereinigung des geteilten Deutschlands. Mit dem Fall der Mauer waren die letzten Hürden und Grenzen zwischen Ost und West gefallen. Nach mehr als 25 Jahren können wir feststellen, dass unser Land an Zahlen gemessen so gut da steht wie nie zuvor. Geringste Arbeitslosigkeit, hohe Wirtschaftskraft, steigende Löhne usw. Aber wie ist es mit der deutschen Einheit?

Die Feier in Dresden wurde überschattet von lautstarken Protesten autonomer Gegner. Ihre Parolen sind platt und radikal. Sie wird es immer geben, aber sie sind nicht das Problem. Was aber ist mit den kritischen Tönen auf dem Sportplatz, dem Wirtschaftsforum oder bei der Familienfeier? Überall begegnen mir inzwischen Verunsicherung, Sorge und Kritik. Vielen ist die Orientierung verloren gegangen, was Deutschland ist und vor allem, wo Deutschland hin will. Wir brauchen darüber eine offene und ehrliche Diskussion und keine politische Rhetorik mit Tabuzonen.

Warum soll es nicht möglich sein, die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin im Grundsatz richtig zu finden, dabei aber dennoch auf die ungelösten Probleme, die Gefahren und eine drohende Überforderung unseres Landes hinzuweisen? Warum betreibt man das Geschäft der AfD, wenn man vor den Folgen einer gescheiterten Integration oder einer zunehmenden Islamisierung warnt? Nur weil dies die AfD auch tut? Was hat es mit Rechtspopulismus zu tun, wenn man eine klare Grenzziehung zu unseren Werten und unserer Kultur legt?

Wenn wir die deutsche Einheit nicht verlieren wollen, sollten wir einen Kompass haben, auf den die Menschen vertrauen können. Klarheit über das, was uns ausmacht, wo wir hinwollen und was wir von anderen erwarten, wenn sie unsere Hilfe fordern. Frieden, Freiheit und Wohlstand sind keine Selbstverständlichkeit, und es sind Werte, die wir dauerhaft und immer wieder verteidigen müssen.