Bloß nicht Wanken

Kolumne April 2016

Satire - man muss sie nicht mögen. Man kann völlig anderer Meinung sein. Man kann sie ignorieren oder kritisieren. Aber eines kann man in Deutschland nicht – sie verbieten.

Freiheit ist etwas, was für uns Deutsche eine Selbstverständlichkeit ist. Aber genau dieser Umgang mit der Freiheit des Einzelnen, seiner Meinung, seines Denkens, der Freiheit der Presse, der Wissenschaft und Kunst oder auch der Literatur unterscheidet Deutschland von vielen anderen Staaten. Und besonders offenbar von der Türkei, deren Staatspräsident mit schweren Geschützen strafrechtlicher Verfolgung einen Eingriff der Bundesregierung gegen deutschen Journalismus fordert.

Hier darf unser Staat nicht wanken. Es ist inakzeptabel, dass ein ausländischer Staatsmann definiert, wie weit unsere Meinungs- und Pressefreiheit gehen darf. Erdogan und die Türkei mögen für geopolitische Fragen wichtig sein. Aber daraus darf sich niemals ein Eingriff in die deutsche Autorität ableiten lassen. Und schon gar nicht in dem zentralen Grundwert: Freiheit.

Das soll auf der anderen Seite kein Freibrief für jeden Schreiberling sein. Und die sozialen Medien laden gerade dazu ein, Provokationen und Beleidigungen ausufern zu lassen. Wenn wir es ernst meinen mit unseren Werten, müssen wir auch auf den Unterschied zwischen Satire und Kritik zu Beleidigung und Willkür achten. In der Böhmermann-Satire aber ein „schweres Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ zu sehen, wie von Erdogan behauptet, offenbart ein Weltbild und Politikverständnis, das von Europa weit entfernt liegt. Genau deshalb kann die Türkei in meinen Augen kein Staat Europas werden – zu weit liegen diese Welten auseinander.