Gastkolumne Hanauer Anzeiger
Die Hanauer Staatsanwaltschaft legte vor wenigen Tagen ihren Bericht über den Ablauf der Tatnacht vom 19. Februar 2020 vor. Es ist die Nacht, die sich wie ein Schatten auf die Stadt legt – und in deren Folge nach großer Anteilnahme und Trauer die Stimmung in der Gesellschaft zu kippen droht. Grund dafür sind auch viele nicht aufgeklärte Fragen. Der Bericht des leitenden Generalbundesanwaltes liegt noch nicht vor. Die Anschuldigungen gegen die Polizei, der Vorwurf des Staatsversagens und die Rücktrittsforderungen gegen den Innenminister - auch von Parteien und Oberbürgermeister - werden indes immer kraftvoller und lauter. Nun hat die Hanauer Staatsanwaltschaft nach Anzeige des Vaters des getöteten Vili Viorel Paun, der dem Attentäter gefolgt war, obwohl dieser am Heumarkt bereits Schüsse auf ihn gerichtet hatte, einen umfangreichen Bericht vorgelegt. Der Ablauf der Tatnacht wurde ausführlich untersucht und detailliert dargestellt mit dem Ergebnis, dass es kein polizeiliches Versagen in dieser Nacht gab. Auch die Frage, ob die Nichterreichbarkeit des Polizeinotrufs mit dafür verantwortlich ist, dass Vili Viorel Paun ermordet wurde, wurde klar verneint.
Ich kann verstehen, dass dies nicht die Antworten sind, die sich Angehörige erhoffen. Und ich nehme leider an, dass sie weder vom Generalbundesanwalt, noch von dem frisch eingesetzten Untersuchungsausschuss des hessischen Landtages Antworten erhalten werden, die ihren Schmerz lindern. Aber deshalb sind Kreuzzüge gegen den Staat und seine Institutionen, so wie die Initiative 19. Februar die Arbeit und das Ergebnis der Staatsanwaltschaft bereits als beschämend bezeichnet hat, absolut unangebracht. Wir leben in einem Rechtsstaat, der jeden von uns schützt, den jeder in Anspruch nehmen kann – aber dessen Entscheidungen und Handlungen auch mit Respekt zu begegnen sind. Ansonsten stellen wir in Frage, was uns schützt. Das gilt für Betroffene, für Politiker und Bürger gleichermaßen.