Eine Katastrophe mit Ansage

Gastkolumne Hanauer Anzeiger

Die Machtübernahme in Afghanistan durch die Taliban ist eine außenpolitische Katastrophe und eine Niederlage der westlichen Welt gegenüber dem radikalen Islam. Erinnern wir uns, warum Amerika mit seinen europäischen Verbündeten in bester Absicht versucht hat, in Afghanistan stabile und demokratische Strukturen aufzubauen: Weil dort das Zentrum und die Brutstätten des Terrors und des islamischen Radikalismus zu suchen waren und sind. Es war die Antwort der westlichen Welt nach dem furchtbaren Al-Kaida-Anschlag auf das World Trade Center am 11.09.2001. Und es gab keinen Zweifel an der Notwendigkeit, diesem Terror, der die Welt veränderte, gemeinsam etwas entgegenzusetzen.
Im Rückblick wird man wohl aber sagen müssen, dass die Strategie, in Afghanistan ein System nach westlichem Vorbild aufzubauen, gescheitert ist. Weil man Werte, Kulturen und Traditionen nicht einfach austauschen kann. Das Problem dieses militärischen Einsatzes aber war, dass es keinen Plan gab, wie man das Begonnene erfolgreich beenden kann. Nicht vor 10 Jahren, nicht heute und wahrscheinlich auch nicht in naher Zukunft. Mit der Entscheidung der Amerikaner, das Land nach 20 Jahren zu verlassen, gab es für die Verbündeten aber keine andere Option als den vollständigen Truppenabzug und die Beendigung eines opfervollen Auslandseinsatzes, den allein 59 Bundeswehrsoldaten mit ihrem Leben bezahlt haben.

Was wird nun auf uns zukommen? Jenseits der Tatsache, dass in Afghanistan Unfreiheit und Unterdrückung, Hass und Gewalt zurückkehren werden, wird sich die Welt darauf einstellen müssen, dass sich die geopolitischen Koordinaten verschieben. Der Kontakt Chinas zu den Taliban und dem rohstoffreichen Afghanistan macht es deutlich. Und auch die Terrorgefahr, besonders in den von den Taliban gehassten Ländern der militärischen Besatzer, wird steigen. Und so wird der Satz des inzwischen verstorbenen Verteidigungsministers Peter Struck „Unsere Sicherheit wird nicht nur, aber auch am Hindukusch verteidigt“, leider bittere Wahrheit.