
Wo drückt die Wirtschaft der Schuh? Was kann die Landespolitik besser machen? Wie könnten zielführende Lösungen aussehen? Unter diesen drei Leitfragen diskutierten die Mitglieder des „Arbeitskreises Wirtschaft und Verkehr“ der CDU-Landtagsfraktion mit Vertretern der Kreishandwerkerschaft Hanau und der Industrie- und Handelskammer (IHK) Hanau-Gelnhausen-Schlüchtern am 27. Juni in Hanau.
Aus gutem Grund führten die diesjährigen Sommerreisen des Arbeitskreises in den Main-Kinzig-Kreis: Hessens größter Landkreis ist wirtschaftlich überdurchschnittlich erfolgreich. Hinter diesem Erfolg stecken Methode, das intelligente Drehen an vielen Stellschrauben und eine ausgeprägte Kultur der vertrauensvollen Zusammenarbeit. Daran wurde in der offenen, gut zweistündigen Diskussion angeknüpft.
Die Mitglieder des Arbeitskreises tauschten sich mit den Vertretern der regionalen Wirtschaft unter anderem über die in der Planungsphase steckenden Straßen- und Schienen-Bauprojekte aus. Begrüßt wurde, dass viele Projekte angeschoben wurden und die notwendigen Gelder bereitstehen. Dies gilt etwa für den Ausbau der ICE-Trasse von Hanau nach Fulda, für den Bau der Nordmainischen S-Bahn oder für den achtspurigen Ausbau der Autobahn A3 bis zur Ausfahrt Hanau. Auch Projekte wie der Riederwaldtunnel kommen voran, selbst die Modernisierung des Stockheimer Lieschen und ein Radschnellweg von Hanau nach Frankfurt liegen als Ideenskizzen vor. Als vorteilhaft begrüßt wurden auch Ortsumfahrungen im ländlichen Raum, sofern sie die Pendlerströme entzerren. Projekte wie die Umgehungsstraßen in Freigericht und Hasselroth bewerteten die Gesprächsteilnehmer als vorteilhaft. Breiter und kontroverser diskutiert wurden Mittel und Wege, um die viel zu knappen Planungskapazitäten aufzustocken oder auch das eine oder andere Mal das komplizierte Genehmigungsverfahren zu verkürzen. Noch ist nicht absehbar, ob die neue Fernstraßeninfrastrukturgesellschaft des Bundes mit ihren zehn Außenstellen in ganz Deutschland so effizient arbeiten wird, wie erhofft. Wichtig für die Wirtschaft und die Landespolitik ist auf jeden Fall, dass es künftig auch in Hessen einen kompetenten Ansprechpartner für überregionale Projekte wie Autobahnbaustellen gibt.
Breiter diskutiert wurde auch der Flächenbedarf für Wohnen und Gewerbe. Das nachvollziehbare Bestreben der Politik, innerörtliche Brachen zu verhindern, kam dabei ebenso zur Sprache, wie der Bedarf von expansionswilligen Unternehmen. Einigkeit herrschte darüber, dass in der Metropolregion FrankfurtRheinMain die Qualität der Gewerbeflächen – Stichworte Autobahnnähe und Breitband-Anbindung – wichtiger sind als die schieren Quadratmeterzahlen. Heiko Kasseckert, MdL und regionaler CDU-Politiker, unterstrich im Gespräch, dass die im neuen Landesentwicklungsplan angedachte Obergrenze von 2,5 Hektar Flächenverbrauch pro Tag lediglich als Zielgröße einzustufen ist. Bürgermeister mit guten Ideen könnten auch in Zukunft für ihre Städte und Gemeinden mit aktiver Unterstützung des Landes rechnen.
Der Dialog streifte auch das Thema Ladenöffnung an Sonn- und Feiertagen. Alle Seiten waren sich einig, dass vier verkaufsoffene Sonntage im Jahr je Kommune erlaubt sein sollten. Der neue Landtag soll mehr Rechtssicherheit schaffen. Für die Politik ärgerlich: Schon heute könnten viele Innenstädte mit verkaufsoffenen Abenden belebt werden. Zu viele Städte und Gemeinden nutzen das Potenzial dieser Werbemaßnahmen nicht für sich, obwohl der Gesetzgeber den Weg frei gemacht hat.
Breiter diskutiert wurden abschließend auch die Möglichkeiten vor Ort, die berufliche Bildung und Weiterbildung für die Betriebe bezahlbarer und attraktiver zu machen. Als nachahmenswert gelobt wurde das Modell der Technischen Hochschule Mittelhessen, die mit ihren Standorten in Friedberg, Gießen und Wetzlar sowie mit ihren Außenstellen in Bad Hersfeld, Bad Wildungen, Bad Vilbel, Biedenkopf und Frankenberg dafür sorgt, dass junge Menschen sich wohnortnah akademisch weiterbilden können. Es zeigt sich zudem, dass so ausgebildete Fach- und Führungskräfte nicht nur beruflich kompetent sind, sondern auch in ihrer Heimat bleiben. Viele von ihnen könnten über kurz oder lang auch Unternehmen gründen oder übernehmen – das Know-how dazu haben sie. Der Gedankenaustausch befasste sich in erster Linie damit, dieses Modell in den Main-Kinzig-Kreis zu übertragen.
Leider fehlte die Zeit für eine tief gehende Diskussion zu den Ausbildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten von Flüchtlingen. Mit Interesse vernahmen die Vertreter der Wirtschaft erste Vorüberlegungen in der CDU, ein Einwanderungsgesetz auf den Weg zu bringen. „Wir brauchen eine qualifizierte Einwanderung, andernfalls gehen uns die Fachkräfte aus“, lautete der Grundtenor.
Abschließend dankte MdL Heiko Kasseckert für die interessanten Anregungen, die im Rahmen des konstruktiven Dialogs entstanden sind.